Installation
Ein Beamer auf einem Sockel, eine gekennzeichnete Fläche an der gegenüberliegenden Wand: Alles weist daraufhin, dass ein Film an die Wand projiziert werden soll. Nur ein dezenter Hinweis auf einem fast nebenbei an die Wand gepinnten Blatt verweist darauf, dass aus Gründen des Klimaschutzes der Film auf Wunsch der Künstlerin nicht gezeigt werden soll. Dennoch könne ein QR-Code gescannt werden, der auf eine Website verweist, wo der Film zur Verfügung stehe.
Die Grundlage des nichtgezeigten Films bildet eine Arbeit, die Birte Hölscher während eines Studienaufenthaltes auf Island fertigte. Am Strand gefundene und eingesammelte kleine Plastikteile bewegen sich in einer mit Wasser gefüllten Wanne und führen ein geradezu ästhetisches Farb- und Rollenspiel auf. Es ist der Plastikmüll in den Ozeanen, in unser aller Alltag, der Birte Hölscher beschäftigt.
Seit langem ist sie selber engagierte Gegnerin von Plastikmüll und thematisiert dies in einigen ihrer Arbeiten. Die eigene Lebensführung, möglichst auf Plastik zu verzichten, Ökostrom zu nutzen, nachhaltig und bewusst mit Nahrung und Kleidung umzugehen, lässt einen Teil ihrer künstlerischen Arbeiten politischer werden. Bereits in einer anderen Ausstellung, in der sie in einem Wald gefundene, von anderen zurückgelassene und teils verrottete Eimer präsentierte, führte sie die Spendenaktion „Werft keine Eimer in den Wald“ durch: Die Besucher*innen konnten Buttons mit diesem Slogan erwerben, mussten beim Kauf allerdings entscheiden, für welches Projekt ihr Beitrag gespendet werden solle: Für sauberes Wasser oder für Nahrung für Kinder in den ärmsten Regionen der Welt.
Die in der Ausstellung gezeigte Arbeit „Heute kein Film“ stellt zudem die Frage, ob wir uns eine energieaufwändige Kunst überhaupt (noch) leisten können. Gerade auch Ausstellungshäuser zählen zu den großen Energieverbrauchern, da diese Strom für Licht und oftmals dauerhaft laufende Videoarbeiten, unabhängig davon, ob überhaupt Besucher*innen vor Ort sind, verbrauchen – bis hin zu den Depots, welche kontinuierlich auf einer bestimmten Temperatur und Luftfeuchtigkeit gehalten werden müssen.
Niemand ist ohne Schuld.
Aus der Malerei kommend malt sie einzelne Sequenzen des Films ab. Sie huldigt dabei malerisch der Ästhetik des Corpus Delicti mit anfangs fünf Bildern, denen im Laufe der Ausstellung weitere folgen werden. (vs)
Eine im März 2019 in Island aufgenommene rhythmische Bewegung des Wassers zeigt eine zunächst als geschlossene Form wahrgenommene Eisfläche, die sich langsam aufbläht und als Ansammlung von Schollen sichtbar wird, welche sich dann wieder zusammenzieht und erneut zu einem scheinbar Ganzen werden. Je mehr Bewegung die Schollen aushalten müssen, desto kleiner und durchsichtiger werden sie. Diese gleichförmige Wasserbewegung erinnert an ein Volumenorgan, an eine Lunge, die sich mit Luft füllt und wieder leert, mehr aber noch an das abwechselnde Kontrahieren und Entspannen eines Herzmuskels – und wird so zum sichtbar gewordenen Herzschlag des Meeres. Schon das alleinige Betrachten wird zur Meditation, nur die Geräuschkulisse bleibt zunächst unbestimmt, laut und rauschend. Birte Hölscher, geboren 1967, ist Diplom-Ingenieurin für Innenarchitektur und arbeitete lange Zeit in einem Konzern, bevor sie sich seit 2008 nur noch der Kunst widmet. Neben der Malerei und Fotografie wählt sie als Ausdrucksmittel vermehrt auch Installationen und Aktionen. Im CUMULUS finden sich weitere Werke, welche in ihrer Abstraktion im Wesentlichen Moor-Landschaften vermuten lassen - gemalt mit Bitumen. Während des Festivals wird sie außerdem zur Shiny Plastic Performance aufrufen.